Trump schockiert das System

Ein Tief zieht über den Atlantik, sagt der Wetterbericht. Er könnte ein Sinnbild für die US-Präsidentenwahl sein.

Im politischen Berlin und den TV-Leitmedien zeigt man sich „geschockt“: Donald Trump wird der 45. Präsident der USA sein. Keiner hat sich innerhalb der deutschen Parteien und in den Medien  ernsthaft mit dem Szenario „Trump-Wahlsieg“ beschäftigt. Und wenn, dann nur warnend vor diesem „Outlaw“. Nun haben also die Amerikaner das etablierte System aus Wallstreet-Politik-Korruption, purem Kapitalismus und Weltpolizei-Denken abgewatscht. Sie haben eher den Nationalismus, Anti-Globalisierung und Populismus gewählt.

Das es so kommen könnte, hatte sich durchaus global abgezeichnet. Warum man in Berlin darauf nicht vorbereitet ist, kann man nicht nachvollziehen. Die Anzeichen waren deutlich, weil überall auf der Welt derartige Politikkonzepte reüssieren. Man denke nur an den populistischen Präsidenten der Philippinen, Roberto Duterte, man denke an Erdogan in der Türkei, an die europäischen Rechtspopulisten von UKIP in Großbritannien über den Front National in Frankreich bis hin zur AfD in Deutschland.

Man darf die „aufgescheuchten“ Politiker in Berlin beruhigen: Ganz so heftig, wie sich Trump dargestellt hat, wird es wohl nicht werden. Die Bürger haben in Verkennung der Tatsache, dass Trump ein großer Profiteur des überkommenen amerikanischen Wirtschafts- und Politiksystems ist, diesen als Gegenentwurf zum bisherigen System gewählt. Man hat den Fuchs zum Gänsehüten eingesetzt.

Vielleicht wacht nun die Welt auf und bemerkt, dass von Amerika eben nicht nur das Heil über die Erde kommt. Vielleicht wird unter Trump nun noch deutlicher, dass die USA nichts für die Demokratie der Welt übrig haben, außer das Land hat wirtschaftliche Vorteile davon.

Das Wahlergebnis könnte für die alte Welt zu einem spannenden Startschuss werden. Vielleicht endet mit einer Präsidentschaft Trumps die blinde Gefolgschaft der europäischen Altlantik-Partner? Vielleicht bricht gar die NATO auseinander? Vielleicht gelingt es unter dem Damoklesschwert von „Make America great again!“, in Europa eine Einheit zu schaffen, die der neuen wirtschaftlichen Konkurrenzsituation entspricht?

Die Zäsur für Amerika ist eine Zäsur für die Welt – es muss für die Menschen außerhalb der USA keine schlechte sein…