…neue Sau, neues Dorf, neues Abkommen

Wie kriegt man möglichst schnell das peinliche Thema der Abschaffung der Demokratie in ihrem Mutterland Griechenland wieder von den Titelseiten? Diese Frage stellten sich die politischen Marketingberater Europas und der Welt in den vergangenen 24 Stunden. Und? Geschafft! Mit einem Vertrag über die Nuklearkontrolle Irans…

Das Thema brauchte 12 Jahre Verhandlungen und ausgerechnet einen Tag nach der „Griechenland-Einigung“ wird dieser mehr als hundertseitige Vertrag mit seinen fünf umfangreichen Anlagen unterzeichnet? Die westliche Welt abseits Israels feiert und die Iraner freuen sich auf goldene Zeiten? Bei derart abstrusen Zufällen, wird man skeptisch.

Widmen wir uns doch mal dem Iran ein bisschen genauer. Seit fast vier Jahrzehnten gilt ein Embargo gegen die Söhne und Töchter des Ayatollah Khomeini. Hochtechnologie, aber auch Autos und simple Computer etc. dürfen in dieses Land nicht geliefert werden. Die Auslandskonten wohlhabender Iraner sind eingefroren, einen Finanzverkehr gibt es de facto nicht. Einfuhren aus dem Iran sind weitgehend verboten, um keine Valuta an den Erzfeind der USA und Israels zu liefern. Mit dem Geld könnte sich der Iran auf dem Schwarzmarkt nämlich mit dringend nötigen Gütern eindecken, was übrigens seit Jahren mit Wissen der angeblichen „Weltgemeinschaft“ ohnehin geschieht.

Iran ist eine wichtige Mittelmacht im Nahen Osten und war einst als Persien ein prägendes Land, das der Welt wichtige Innovationen bot. Das Ganze geschah zu einer Zeit, als im heutigen Saudi-Arabien noch niemand ahnte, dass einst ein paar verwirrte Sunniten sich dort der Lehre des Fanatismus anschließen würden. Denn dort wohnten die Leute in Erdhöhlen unter der Wüste, als in Teheran und Isfahan die ersten Universitäten begründet wurden. Als die Westmächte versuchten, ihre geldkolonialen Ansprüche auch militärisch und politisch umzusetzen, hob man die saudischen Wahabiten auf den Schild. Dort dürfen Frauen zwar nicht Auto fahren, aber die Jungs mit den weiß-roten Kopftüchern über ihren langen Gewändern sind so solide, dass man ihnen problemlos Panzer verkaufen kann – um einen Brückenkopf im Nahen Osten zu haben.

Und nun also Iran. Die Mullahs sind Schiiten und man kann mit dem Wissen um die religiösen Hintergründe nur vermuten, was der Westen sich genau verspricht, wenn man nun mit den Persern wieder normale Beziehungen pflegt. Man will ja verhindern, so heißt es öffentlich, dass die Iraner eine Atombombe bauen können – mit halbherzigen Kontrollversuchen übrigens. Wenn Teheran eine Atombombe bauen will, um mal ehrlich zu sein, dann machen die das einfach…oder haben es schon längst getan. Das weiß eigentlich ein jeder, aber man versucht der Öffentlichkeit in Europa und den USA weis zu machen, dass dies anders sei. Es grenzt an Verdummung, zu glauben, dass die Menschen dies nicht durchschauen.

Israel spielt nun eine zentrale Rolle: Drehen die Israelis nicht völlig durch und lassen ihre Kriegsmaschinerie in der Garage, dann wird es „nur“ eine Auseinandersetzung im Nahen Osten geben, die Moslems gern als „Bruderkrieg“ bezeichnen. Die Wahabiten in Saudi-Arabien stehen waffenstarrend dank petrolfinanzierter westlicher Militär-Importe den neuen Freunden des Westens im Iran gegenüber. Es braucht nur einen Funken, um das Pulverfass Nahost zu entzünden – und die Waffenproduzenten in aller Welt kommen vor Lachen nicht in den Schlaf.

Reset und zurück auf Start: Wer also unvoreingenommen ist, stellt sich die Frage nach dem abgewendeten „Grexit“ nicht – und schon gar nicht in Verbindung mit dem tollen Iran-Atom-Vertrag. Wer aber nachdenkt, der bemerkt, dass die beiden Themen durchaus eine gemeinsame Ebene haben: Griechenland bleibt an der finanziellen Kandare des US-gesteuerten Europas und driftet nicht gen Russland ab. In Nahost zeichnet sich ein Stellvertreterkrieg ab, der im Westen nur Gewinner hat, weil man ja mit gelieferten Waffen ordentlich Geld verdienen kann. Israel macht den „Motze-Bub“ und wird am Ende die Füße still halten, weil man ja nicht wirklich offen legen will, dass man in Tel Aviv längst eine Atombombe besitzt. Und: Kein Mensch redet mehr über die Ukraine, obwohl dort längst kein Frieden herrscht… Schöne heile Welt!

Next (Gr)exit: In drei Jahren

Nun ist es also grade nochmal gut gegangen: Die grundsätzlich steuerbetrügenden, verwaltungsaufgeblähten und sowieso viel zu früh in Rente gehenden Hellenen bleiben erst einmal in der europäischen Gemeinschaftswährung und bekommen in einem dritten Hilfsprogramm um die 80 Milliarden Euro Steuergeld aus Resteuropa – natürlich nur, wenn die „Schlampergriechen“ endlich tun, was man ihnen sagt. Denn neben der Aufgabe, dass man gefälligst rund 50 Millionen Euro über die Privatisierung von staatlichem Eigentum zu erzielen hat, müssen „die Institutionen“ EU, EZB und IWF allen Ernstes jedes Gesetzesvorhaben absegnen. Das heißt: Es ist völlig egal, wen die Griechen warum auch immer wählen werden – was die Griechen für Gesetze bekommen, bestimmen die Geldgeber. Alter Spruch: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Kann man das mit einem Land, einem souveränen Staat so einfach machen?

Ein klares „Nein“! Diese Regelungen höhlen jegliche Demokratie in bekannter Form aus – wenn dies Schule macht, finden wir uns schneller in einer offenen Diktatur wieder als uns lieb ist. Dass mittlerweile Großkonzerne und Geldadel ganz unverhohlen ihre Herrschaft über die Welt ausleben und sich dabei von Medien und Politik hofieren lassen, mag die eine Seite sein. Wenn monetär gesteuerte Institutionen aber nun gar jeglichen demokratischen Anschein ad absurdum führen, schlägt es dem Fass den Boden aus. Was auch immer Tsipras getrieben hat, diesen faulen Kompromiss einzugehen, es war ein grandioses Gaunerstück! Denn seine Ausgangsposition war so schwach nicht: Er hätte umkippen müssen, wäre er nicht von seinem Volk mit einem starken Votum ausgerüstet worden. Und nun hat er ohne Not den Schwanz eingezogen? Was ist da passiert?

Man kann nur hoffen, dass die gewählten Parlamentsgriechen in Athen diese plumpe Form der Erpresserdiktatur erkennen und ihrem angeblich sanft gewordenen Robin Hood die Gefolgschaft entziehen. Griechenland braucht ohne Zweifel Hilfe. Doch die bisherigen zwei Hilfspakete haben ihren Zweck alles andere als erfüllt: Der Schuldenstand ist heute höher als je zuvor, die Gläubiger jedoch sind nicht mehr private Banken, sondern die europäischen Steuerzahler. Das Risiko eines Schuldnerausfalls tragen nicht mehr die Eigner und gut betuchten Anleger der deutschen und französischen Banken, sondern unser aller Enkel und Urenkel.

Mal ein Bild vom „Krankenhaus Europa“ zum Verständnis: Angenommen, Griechenland sei ein Junkie. Die Großdealer versorgten den Süchtigen mit immer mehr leckeren Drogen – bis dieser nicht mehr für die Drogen zahlen konnte und mit schweren Entzugserscheinungen ins Krankenhaus kam. Die Ärzte verfolgten eine innovative Heilungsstrategie: Sie versorgten den Junkie auf Steuerzahlerkosten mit neuen Drogen – und was Wunder, die Entzugserscheinungen wurden ein ganz klein wenig gelindert. Leider kamen sie mit großer Macht zurück, denn der Patient konnte die Zuzahlungen für die Behandlung nicht mehr aufbringen. Als er dann einigermaßen klar war, entschloss er sich, statt neuer Drogen zu probieren, einen Entzug zu wagen. Doch die versammelte Ärzteschaft beschloss, den Patienten auf die geschlossene Psychiatrie-Station zu legen. Und man beratschlagte in großer Ärzterunde, dass doch der nächste Drogen-Cocktail die richtige Lösung sei, selbstverständlich nur, wenn der Patient künftig zum Sklaven des Krankenhauses werde…

In drei Jahren ist seine Sklaverei vermutlich erst einmal vorbei.

Dann stehen die Zeichen vermutlich erneut auf (Gr)Exit.

Dann mit vermutlich noch mehr Schulden.