In Plauen sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht…

Die Stadt Plauen will zur Sanierung des städtischen Haushaltes bis zum Jahr 2019 Wald im Wert von etwa 4,8 Millionen Euro verkaufen. Damit sollen der Theaterkompromiss und viele andere lieb gewordene Projekte finanziert werden. Unabhängig davon, ob man den Plauener Wald als wichtige finanzielle Anlage für die Zukunft betrachtet oder nicht – Tafelsilber zu verkaufen, ist erst mal immer anrüchig.

Grundsätzlich ist es schlimm genug, dass unsere Stadt aufgrund verfehlter Ansiedlungspolitik zu wenig Gewerbesteuern einnimmt – die Haupteinnahmequelle einer Kommune. Zu wenige Industriefirmen sind hier zu Hause. Nun will man deshalb die Gewerbesteuer erhöhen – knapp unter den Hebesatz von Zwickau. Mal so zur Info: Die Stadt Zwickau, mit der man sich in Plauen gern vergleicht, nimmt jährlich rund 70 Millionen Euro Gewerbesteuern ein. Plauen hingegen hat gut 19 Millionen Euro dieser Steuerart für 2015 eingeplant. Hier sieht man überdeutlich, wo es klemmt. In Nordrhein-Westfalen hat es die Stadt Monheim übrigens vorgemacht, wie man mit einer drastischen Senkung der Hebesätze Unternehmen anlockt. Plauen geht den gegenteiligen Weg.

Zurück zum Wald, den man scheinbar in Plauen vor lauter Bäumen nicht sieht: Ganze 200.000 Euro nimmt die Stadt Plauen aus der Bewirtschaftung ihrer riesigen Waldflächen von rund 1.800 Hektar ein. Das scheint recht wenig zu sein, denn eigentlich kann man mit klugem Holzeinschlag bei Wahrung der Nachhaltigkeit (Einschlag in Höhe des Nachwuchses nennen das die Waldbauern) deutlich höhere Erlöse erzielen – gerade in Zeiten, in denen der Holzpreis seit Jahren nur eine Richtung kennt – nämlich die nach oben! Doch fast schon wie gewohnt, hinterfragt man sich in der dauerhaften Erlösfrage in keiner Weise. Aber man will Wald verkaufen, um dauerhaft auftretende Kosten zu decken.

Im Vogtland ist Wald derzeit ein gefragtes Gut. Die Stadt Markneukirchen ist dem Vernehmen nach daran interessiert, Wald zu kaufen, auch die Kirchgemeinde Rosenbach soll sich mit dem Gedanken tragen, in Wald zu investieren. Plauen hingegen schlägt eine antizyklische Verhaltensweise vor. Das mag an der Börse für geübte Zocker eine gute Idee sein – für die Sanierung eines städtischen Haushaltes ist ein groß angelegter Verkauf von Waldflächen einfach nur widersinnig.

Ein Fußballgott als Heilsbringer?

Der VFC Plauen hat mal wieder für Schlagzeilen gesorgt – für positive diesmal! Ein leibhaftiger „Fußballgott“ kehrt quasi heim an seine erste richtig große Fußballstation seiner Karriere. Ingo Walther, zweitligaerprobtes Fußball-„Kampfschwein“, steht künftig bei den Plauener Regionalligisten an der Seitenlinie. Damit setzt der Verein ein Zeichen: Und zwar eines dafür, in welche Richtung man den Verein entwickeln will – in Richtung ehrliche, solide Arbeit. Alte Plauener Tugenden sollen mit dem neuen Gesicht verbunden werden.

Mit dem Coup soll es gelingen, Vertrauen in der Region zurück zu erobern. Wenn einer wie der untadelige Sportsmann Walther bereit ist, sich der großen Herausforderung zu stellen, dann sollte es doch auch für sonstige Gönner des VFC Plauen selbstverständlich sein, dass man den gemeinsamen Weg der Konsolidierung mit dem Verein gemeinsam gehen sollte. Hoffentlich zündet die Idee der sportlich Verantwortlichen, denn noch ist die finanzielle „Kuh noch nicht vom Eis“. Gut 100.000 Euro bedarf es laut Liquiditätsplan bis zum Ende der Saison. Vor vier Wochen waren das noch fast 140.000 Euro.

Man bewegt sich nach Auskunft der sportlichen Leitung und des Vorstandes ausschließlich auf Basis dieses Planes. Schließlich muss auch der Insolvenzverwalter jeden Vertragsschluss absegnen. Dass man sich mit „Fußballgott“ Ingo Walther bis 2016 vereinbart hat, zeugt davon, dass man langfristig denkt und keine erneuten Risiken eingeht. Auch in der Oberliga will man mit Ingo Walther zusammen arbeiten. Er wird nicht fürstlich bezahlt in seinem Amt. Er bleibt erst mal in Bayreuth wohnen und arbeitet bei der Post AG, sein Engagement in Plauen wird auf kleiner Flamme entlohnt. Auch hier dominiert Bescheidenheit. Diese Demut ist es, die den VFC Plauen in den nächsten Jahren begleiten sollte. Vielleicht kann daraus irgendwann wieder ein freundlicheres Image entstehen, vielleicht ein neuer sportlicher Aufschwung geboren werden. Das wird die Zeit zeigen.

Dass man beim VFC Plauen verstanden hat, worum es jetzt geht, zeigt sich aber immer deutlicher und macht nicht nur eingefleischten Fans Mut für die Zukunft – ganz egal, ob man die Rest-Saison nun um Punkte oder doch nur um die Ehre bestreiten wird.

Vorwärts in die Vergangenheit

Im Plauen und dem Vogtland fehlt es wie auch an vielen anderen strukturschwächeren Regionen in Deutschland an jungen Leuten, die den Fachkräftebedarf der heimischen Wirtschaft decken könnten. Nun buhlen die Firmen mit großer Vehemenz um junge Leute – schon in Klasse 7 werden die Oberschüler und ihre Eltern zur Aktion „Schau rein – Woche der offenen Unternehmen“ eingeladen. Anfang März laden Firmen, Arbeitsagentur und Vogtlandkreis ein, in Firmen reinzuschnuppern. Soweit so gut – das Interesse der Schüler ist groß, einige Firmen jedoch haben ihre eher schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht…und ziehen sich zurück aus den gut gemeinten Aktionen. Ihre Angebote wurden teilweise schon in den vergangenen Jahren nur mäßig genutzt.

Deshalb hat Wirtschaftsdezernent Lars Beck nun die Eltern ins Visier genommen – als wichtige Multiplikatoren in der Berufswahl. Er hat dabei sicher recht: Die meisten jungen Leute lassen sich schon von ihren Eltern beraten. Dennoch zielt sein Ansinnen vermutlich zu kurz. Denn der Trend geht dahin, dass immer mehr Jugendliche – mehr oder minder unter Druck der Eltern – Abitur machen wollen – im Zweifelsfall auch nach der Oberschule als Fachabi an einer Berufsfachschule. Das ist ein guter Weg, doch noch ein Studium aufnehmen zu können. Doch natürlich gibt es auch andere Wege – über eine Techniker-Ausbildung beispielsweise. Diese aber werden selten genutzt. In der Folge entsprechen dann mehr und mehr Azubis den Anforderungen der Unternehmen nicht mehr.

Den wirklichen Hintergrund der Misere, hat man – so scheint es – noch nicht erkannt. Bei vielen Oberschülern platzt der Knoten erst später als in Klasse vier, wenn die Wahl der weiterführenden Schule in Sachsen verpflichtend stattfindet. Man kann nicht oft genug betonen, was seit Jahren die Philologen fordern – nämlich eine spätere Schulwahl, eventuell ab Klasse 6. Zweiter Punkt ist das duale Ausbildungssystem in unserem Land. Das scheint so gut zu sein, dass die ganze Welt uns darum beneidet. Das behaupten zumindest Vertreter der Wirtschaftslobby und der Politik so gebetsmühlenartig, dass man es glatt glauben könnte. Doch selbst angenommen, die Hochachtung vor dem System sei ehrlich, dann muss man sich trotzdem fragen, ob man es nach sechzig Jahren Erfolg nicht hin und wieder etwas an die Realität anpassen sollte.

Konkret heißt das: Jeder Jugendliche will oder soll Abitur machen, wenn es irgendwie geht. Die Wirtschaft will gute, junge Leute, die Berufe erlernen. Warum entsinnt man sich nicht dem in der DDR bewährten System der Berufsausbildung mit Abitur? Weil sie nicht systemkonform ist? Weil niemand mehr weiß, wie man das organisieren könnte? Oder weil es auf der falschen Seite des Grenzzaunes praktiziert wurde? Lars Beck hat meinen Vorschlag, das doch mal anzubieten, heute aufgenommen. Er will sich mal schlau machen, ob das nicht eine Option wäre, junge Leute für Beruf und Abi zu begeistern. Vielleicht könnte das Vogtland ja hier mal ein Zeichen setzen und voraus gehen!