Rechtsstaat pervers: Was will und der Edathy-Fall sagen?

„Coram iudice et in alto mari sumus in manu Dei.“ So sagt man in lateinisch gebildeten Juristenkreisen, wenn man die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz nach dem Artikel 3 des Grundgesetzes einmal wieder gebetsmühlenartig zitiert. Richtigerweise sei hier erwähnt, dass es ein altes Zitat ist, welches korrekt übersetzt bedeutet: „Vor Gericht und auf Hoher See sind wir alle in Gottes Hand“.

Nimmt man den gestrigen Beschluss des Landgerichts Verden im Falle von Sebsatian Edathy darf man getrost daran zweifeln, dass man den alten Spruch noch als gültig erachten kann. Edathy war angeklagt, kinderpornograhisches Material aus dem Internet heruntergeladen zu haben. Es lagen Protokolle der Downloads vor, die von Edathys Rechner im Bundestag stammen. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht boten nun den Deal an: Gesteht der SPD-Politiker sein Fehlverhalten ein, bekommt der arrogant wirkende Politprofi einen Freispruch zweiter Klasse mit 5.000 Euro Ausgleichszahlung an den niedersächsischen Kinderschutzbund zahlen. Glaubt man den kolportierten Aussagen der Staatsanwaltschaft, die ein glaubwürdiges Schuldeingeständnis verlangt hatte, sei es vor allem die Tatsache gewesen, dass Edathy in Deutschland wohl kaum mehr unbehelligt leben könne, die zum Deal führte. Er sei quasi genug gestraft, mit dem Ende seiner Politkarriere.

Seine Überheblichkeit präsentierte der Beschuldigte, der nun als nicht vorbestrafter, unbescholtener Bürger gilt, noch am Tage des Urteils. Nachdem sein Verteidiger vor Gericht von einem eingesehenem Fehler und Reue sprach, verlautete Edathy via Facebook, dass die Erklärung vor Gericht kein Schuldeingeständnis sei. Ja wie jetzt? Ist es nun ein Schuldeingeständis wie vom Staatsanwalt gefordert oder nicht? Ist der Deal nach Edathys Aussage eigentlich zu halten?

Und vor allem: Wohin soll das Ganze führen? Kann sich künftig jeder Pädophile, der sich am Rechner am Missbrauch Minderjähriger ergötzt auf diesen Fall berufen? Oder greift bei Herrn Müller oder Schulze am Ende doch die volle Härte des Gesetzes. Wie findet ein potenzieller Täter-Opfer-Ausgleich im Falle Edathy statt? Wer denkt an die betroffenen Kinder, die (auch für Edathys perverse Neigungen) pornografisch missbraucht wurden? Dazu kommt, dass für den Politiker Edathy die lächerliche Summe von 5.000 Euro wohl nicht mal ein Taschengeld ist – weh tut ihm diese Auflage ganz sicher nicht. Jetzt stellt sich die Frage, ob man Edathy nicht die Übergangsgeldzahlung (bezogen auf seine Bundestagsdiäten) entziehen kann. Hoffentlich hinterfragt das mal ein kluger Politikerkollege.

Ebenso offen ist, wie es nun mit der Aufklärung der politischen Affäre weiter geht. Wer hat wem wann den Tipp gegeben, dass die Ermittler gegen Edathy Verdacht hegten. Welche politischen Mitstreiter reißt der Politkrimi noch mit ins politische Niemandsland? Lobenswert in all dem Unklaren ist die klare Haltung, die SPD-Vize Torsten Schäfer-Gümbel deutlich machte. Er forderte Edathy auf, sein Parteibuch abzugeben, denn sein Verhalten sei mit den Grundsätzen der Partei nicht vereinbar. Wenigstens einer, der laut sagt, was das Volk denkt!

Ein Kommentar

  1. Susan Kölbel · März 3, 2015

    Ich finde es schlimm, das solche Vorfälle von der Bevölkerung so kommentarlos hingenommen werden. Justizia ist blind??? Wer will uns denn diesen Bären aufbinden?!?

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