Berlin könnte zu einem Indikator dafür werden, was ganz Deutschland bevorstehen könnte: Das parlamentarische System fällt in sich zusammen, weil es kaum mehr möglich ist, dass zwei Parteien in der Lage sein werden, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen und ihre Politik durchzusetzen. Es drohen Dreier-Bündnisse, deren widerstrebende Themensetzung uns mittelfristig italienische Verhältnisse bescheren dürften.
Die Union bekommt eine derbe Klatsche, die FDP freut sich über den Wiedereinzug in den Landtag der Hauptstadt, die Linke ist über sich selbst begeistert, weil man zumindest im Osten wieder zu alter Stärke gefunden hat, die Piraten jammern darüber, dass der gemeine Wähler Netzthemen nicht den notwendigen Stellenwert zumisst und die SPD feiert sich trotz 5% Stimmenverlust als großer Wahlsieger dieses Abends.
Bei maximal 23 Prozent, die der „Sieger“ in Berlin erhielt, ist es zwar vermessen, dass trotzdem viele Politiker in Interviews noch den Begriff Volkspartei in den Mund nehmen – ein Grund es zu lassen, ist es jedenfalls nicht. Das ist ein Zeichen für fehlenden Realitätssinn. Es haben sich nämlich einerseits noch immer mehr als 30 Prozent der Wahlberechtigten dazu entschlossen lieber gar kein Kreuz auf den Stimmzettel zu machen. Zum zweiten hat es die AfD auch in Berlin geschafft, von null auf zwölf Prozent ins Berliner Abgeordnetenhaus einzuziehen. Das darf man traurig finden, das darf man auch gut finden, das darf man als Katastrophe empfinden oder auch als Genugtuung. Man darf eines aber nicht: Die Wähler der AfD ausgrenzen, wie dies die Wortführer von SPD und Grünen gerade in die Mikrofone der TV-Anstalten tun. Da reden die Göring-Eckardts und Gabriels von fast 90 Prozent Wählern, die demokratische Parteien gewählt haben. Statt sich mit Argumenten gegen die Populisten zu wehren, greift man selbst zur populistischen Keule der Ausgrenzung.
Mal unabhängig davon, dass die AfD Populismus definitiv besser kann als SPD und Grüne (die können dafür Ideologie viel besser), sollte man sich mal überlegen, was dies für die verirrten AfD-Wähler vorm Bildschirm bedeutet.. Will man eigentlich die Menschen hinter demokratischen Meinungen sammeln oder sich selbst nur besser ins Licht rücken, indem man andere herabwürdigt? Das ist gefährlich! Für die Demokratie!