Bayerns Ministerpräsident Söder hat verkündet, dass sein Freistaat aus dem Nationalen Bildungsrat aussteigt, weil er eine Verwässerung der hohen bayerischen Bildungsstandards befürchtet. Damit ist der Rückfall in die gänzliche Kleinstaaterei der deutschen Bildung vorprogrammiert. Statt endlich gemeinsame und hohe Bildungsstandards für mittlere und höhere Schulabschlüsse zu vereinbaren, kocht ein jeder wieder sein eigenes Süppchen. Die einen machen in 13, die anderen in zwölf Jahren Abitur. Die Messlatten liegen so unterschiedlich hoch, dass die Hochschulprofessoren mit Blick auf die vorhandenen Niveaus der Studenten die letzten grauen Haare zu verlieren drohen.
Nun kann man sagen, dass die Kultushoheit eben eine der letzten Bastionen des Föderalismus ist. Das stimmt, aber vielleicht ist dieser Föderalismus ja gar nicht mehr die Antwort auf die Frage nach der richtigen Organisationsform von Bildung in Deutschland? Wäre es nicht viel besser, sich an den hohen Standards für Bildungsabschlüsse in Bayern, Sachsen, Thüringen und Hessen (und mit Abstrichen Baden-Württemberg) zu orientieren und endlich den unsäglich unterschiedlichen Abschlussniveaus ein Ende zu machen? Müssen die Abiturienten aus den Musterländern tatsächlich mit Altersgenossen aus Bremen, NRW, Niedersachsen oder Berlin um Studienplätze konkurrieren, wo man – trivial gesagt – sein Abi mit Klatschen und Tanzen ablegen kann? Ist das gerecht?
Doch das ist wohl nicht das einzige Dilemma: Dem deutschen Bildungssystem fehlt eine generelle, große Reform, beginnend mit der Kita, wo man sich einmal entscheiden muss, ab es sich dabei um eine frühkindliche Bildungsstätte oder eine spielerisch-pädagogische Betreuungseinrichtung handeln soll.
Ganz ähnlich sieht es mit der Frage aus, wie man das Schulsystem gliedern will. In Sachsen reibt man sich in den Kenia-Koalitionsverhandlungen dem Vernehmen nach noch immer am Thema Gemeinschaftsschule – um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen, sagen die Befürworter. Nun ist die Idee eines längeren gemeinsamen Lernens vielleicht eine ideologische oder auch eine verständlich-soziale. Viele denken vielleicht zurück in die DDR, als die Bildung gut (allerdings ideologisch höchst aufgeladen) war. Länder wie Schweden oder Finnland, die heute als Bildungs-Vorzeigestaaten gelten, kamen dereinst vorbei, um Anregungen aus der Volksbildung mitzunehmen. Allerdings sind dreißig Jahre ins Land gegangen. Mit großem Aufwand hat man das mehrgliedrige Schulsystem – mit tollen Bildungserfolgen – in Sachsen installiert. Dies wieder zurückdrehen zu wollen, dürfte vor allem für die Kommunen als Träger der Schulen zum Problem werden. Die einst maroden Schulgebäude sind mit hohem Steuergeld-Aufwand auf die jeweiligen Zielgruppen hin ausgebaut worden. Wer trägt die Kosten für die neuerlich nötigen baulichen Maßnahmen? Ist das dann noch effizienter Einsatz von Steuergeld?
Nüchtern betrachtet zeigen sämtliche inhaltlichen Erhebungen, dass Gemeinschaftsschulen keine besseren Bildungsergebnisse bringen. In den Gemeinschaftsschulen verschiedenster Bundesländer ist das Niveau eben nicht vergleichbar mit dem gegliederter Schulformen. Zudem ist durch die hohen Investitionen zur Einrichtung dieser Gemeinschaftsschulen der generelle Zustand der Bildungsstätten über alle Schulformen oft deutlich schlechter als beispielsweise in Sachsen, wo die Kommunen den Großteil aller Schulen in den vergangenen Jahren komplett saniert haben. Sollte man das Geld nicht besser dafür einsetzen, Kindern aus ärmeren Familien zu helfen, gute Bildungsabschlüsse nach ihrem Talent abzulegen?
Reden wir über Lösungen: Die Kultusminister der 16 Bundesländer müssten über ihren Schatten springen, ohne sich und ihre Ministerien zwangsweise abzuschaffen – und endlich eine Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse auf dem derzeit vorhandenen höchsten Niveau zulassen. Dazu muss man keine Gleichmacherei betreiben. Jedes Land könnte seinen Weg zum Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialabschluss durchaus selbst bestimmen – mit allen regionalen Besonderheiten. Man denke nur an das erfolgreiche Projekt „Produktives Lernen“, das in Sachsen für Furore sorgt. Am Ende würde sich in jedem Fall zeigen, welche Schulform am zukunftsträchtigsten ist und die höchsten Leistungen aus unseren jungen Menschen herauskitzelt.