Brandgefahren

Einen Fehdehandschuh hat US-Präsident Donald Trump mitten in den Nahen Osten geworfen. Mit einem gezielten Luftschlag einer Drohne schaltete das amerikanische Militär den Boss der iranischen Al-Qud-Elitetruppe Ghassem Soleimani aus. Die Division, die für Auslandseinsätze der schiitischen Revolutionsgarden zuständig ist, wird von den USA als Terrororganisation eingestuft, was die Amerikaner nicht davon abhielt, noch vor wenigen Monden mit den Al-Qud-Truppen gemeinsame Einsätze im Nahen Osten zu absolvieren. Welch grandiose Parallele zu Osama Bin Laden, der einst als Mudschaheddin im 1. Afghanistankrieg Waffen und Ausrüstung von „Uncle Sam“ erhielt, um die Russen in Schach zu halten. Später organisierten die US-Truppen an gleicher Stelle mit Soleimanis Elitekämpfern die Zurückdrängung der vom Saudi Bin Laden intellektuell geführten Taliban. Frappierend, wie sich Geschichte wiederholt…

Dass die Amerikaner die Zündschnur ausgerechnet im Irak zünden, den Lieblingsfeind Iran reizen und einen Flächenbrand im Nahen Osten riskieren, scheint Methode zu haben. Man weiß, dass die stolzen Perser unter dem konservativen geistlichen Führer Chamenei reagieren müssen, um ihr Gesicht zu wahren. Schmerzen sie die Amerikaner aber zu sehr, riskiert man im Iran einen offenen Krieg, den man kaum gewinnen kann. Dann wäre auch der sunnitisch-wahabitische Erbfeind – als Partner der Amerikaner – mit im Boot. Welche Rolle dann Israel spielen würde, ist völlig fraglich. Der jüdische Staat wird von all seinen muslimischen Nachbarn bis aufs Blut gehasst und schützt sich mutmaßlich mit Atomwaffen.

Doch wem nutzt denn so ein Krieg in Nahost? Zuerst Präsident Trump, der mit einem Symbol dem Volk zeigen kann, welch großartiger Feldherr er ist. Zudem ist bekannt, dass kein US-Präsident eine Wiederwahl verloren hat, solange die GIs in einen größeren Konflikt verwickelt waren. Iran hat kaum eine Chance, denn sein Verbündeter Syrien ist selbst höchst destabilisiert, dessen Schutzmacht Russland will sich geostrategisch platzieren, wird aber sicher den offenen Konflikt mit den USA vermeiden wollen, um nicht einen globalen Krieg zu provozieren. Zum zweiten würden mit Sicherheit die Saudis profitieren, die aus einer Patt-Situation heraus eine Vormachtstellung in der Region erlangen könnten.

Die Risiken sind bereits kurz angerissen, doch es gibt noch mehr – insbesondere für die Länder, die zwischen Mittelmeer und Indischem Ozean liegen. Der Iran hat durchaus die Kraft, einen Flächenbrand über diese Länder zu legen. Die NATO-Staaten (auch Deutschland) unterliegen dem Risiko, beim Ausruf des Bündnisfalles den USA beistehen zu müssen – und in einen Krieg gezogen zu werden, den niemand will. Die Türkei könnte derweil nebenbei ihr Kurdenproblem „abräumen“, obwohl die Peschmerga & Co. doch im Kampf gegen den IS ein verlässlicher Partner der NATO-Truppen waren, dazu noch im Libanon als Kollateralbonus an Einfluss gewinnen.

Ob alle Beteiligten am Ende die Nerven behalten und die brüchige Lage am Golf in der Balance bleibt, darauf ist eine Wette beim englischen Buchmacher derzeit sicher keine sinnvolle Option!

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